Teilnehmende des Europäisch-Ökumenischen Studienkurses 2023

48 Teilnehmenden aus 14 Ländern Europas setzten sich intensiv mit den Themen auseinander.

Bild: ELKB

Europäisch-Ökumenische Studienkurs

„Christliche Freude im Angesicht des Kreuzes“

Vom 15. bis 24. Mai 2023 kamen 48 Teilnehmende aus 14 Ländern Europas in Josefstal zum 55. Europäisch-Ökumenischen Studienkurs zusammen. Ein Bericht von Volker Napiletzki.

Seit über 50 Jahren bietet die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern ökumenisch engagierten, hauptberuflich und ehrenamtlich Mitarbeitenden aus unterschiedlichen christlichen Konfessionen und Kirchen Europas die Gelegenheit zu einer intensiven zehntägigen Begegnung. Das Studienzentrum Josefstal ist Kooperationspartner und Tagungsort inmitten der Natur – mit einzigartiger Lage am Fuße der bayerischen Alpen, nahe des Schliersees.

Vom 15. bis 24. Mai 2023 kamen 48 Teilnehmende aus 14 Ländern Europas in Josefstal zum 55. Europäisch-Ökumenischen Studienkurs zusammen. Volker Napiletzki, verantwortlich für die Ökumenische Studienarbeit in der bayerischen Landeskirche fasst seine Eindrücke zusammen:

„Christliche Freude im Angesicht des Kreuzes“ – das war das Thema des Studienkurses, den ich erstmalig als Verantwortlicher für Ökumenische Studienarbeit der ELKB in bewährter und hervorragender Zusammenarbeit mit dem Studienzentrum für evangelische Jugendarbeit in Josefstal und dem internationalen Team durchführen durfte. Gemeinsam mit Pfarrer Roger Schmidt, dem Leiter des Studienzentrums Josefstal, Iveta Apostu-Starcova (Orthodoxe Kirche in der Slovakei), Dr. Eike Kohler (Universität Bonn, Evangelisch-Theologische Fakultät), Pfarrer Marian Remus (Rumänische Orthodoxe Kirche), Teresa Pfefferkorn (Universität der Künste, Berlin, Fakultät Musik), Ewa Sliwka (Evangelisch- Augsburgische Kirche in Polen) galt es, das vom Vorjahreskurs gewählte Thema in einen ökumenischen Lernprozess umzusetzen.

Impulse aus unterschiedlichen konfessionellen und religiösen Blickwinkeln brachten die Gruppe, die sich in diesem Jahr aus 48 Teilnehmenden aus 14 Ländern Europas zusammensetze, in eine intensive Auseinandersetzung über den Umgang mit Erfahrungen von Freude und Leid in zwischenmenschlichen wie gesellschaftspolitischen Kontexten.

Die heutige europäische christliche Gemeinschaft hat allen Grund zur Sorge: Das gemeinsame Haus Europa brennt. Wir haben Angst vor Kriegsfolgen und fürchten seine Ausdehnung. Wir ringen um Wege zum Frieden. Der Klimawandel bedroht unsere Lebensgrundlagen. Wir suchen unsere Rolle als Kirchen in polarisierten Gesellschaften.

Das internationale Vorbereitungsteam zu den Herausforderungen in dieser Zeit

Das Nachdenken darüber, was „Christliche Freude“ angesichts der Herausforderungen dieser Welt bedeutet, was Kraft gibt, die Balance zu halten, auch auszuhalten, Hoffnung zu haben und nicht zu resignieren, wurde von Tag zu Tag intensiver und vertrauter. In Plenumsrunden, vor allem aber auch in den wechselnden Kleingruppen tauschten sich Christinnen und Christen aus 25 verschiedenen (anglikanischen, hussistischen, lutherischen, orthodoxen, reformierten und unierten) Kirchen über Fragen persönlicher und konfessioneller Identität und ihr jeweiliges kirchliches Selbstverständnis aus.

Die Gruppe der ELKB bestand aus Ökumenebeauftragten sowie Studierenden der Augustana-Hochschule Neuendettelsau, der Evangelischen Hochschule Nürnberg, der Kirchenmusikhochschule Bayreuth und einer Delegierten der Evangelischen Jugend in Bayern.

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Der Ökumenische Studienkurs hat sich im Laufe der 55 Jahre seines Bestehens in vielen Kirchen das Ansehen einer einzigartigen europäischen Begegnungs- und Verständigungsplattform erworben. Jenseits der offiziellen Strukturen und Netzwerke hat hier das Thema des gesellschaftlichen Zusammenlebens in Europa in kultureller, konfessioneller und religiöser Vielfalt seinen wertvollen Resonanzraum.

Seinem Ruf als wichtiger Ort des informellen Austauschs konnte er in diesem Jahr auch mit der Anwesenheit einer Delegierten aus der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Europäischen Teil Russlands und eines Delegierten der Russisch-Orthodoxen Kirche auf besondere Weise gerecht werden. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes kann hier nicht näher darauf eingegangen werden, doch der informelle Austausch ermöglichte wichtige Einblicke in Perspektiven auf Frieden, Krieg und dessen Rechtfertigung.

Den inhaltlichen Ausgangspunkt bildete eine jüdische Annäherung an das Thema durch Rabbiner Dr. Walter Rothschild, die – daran ließ er keinen Zweifel – auch von den jahrhundertelangen Erfahrungen von Antisemitismus und insbesondere dem Holocaust geprägt war. Es folgte ein rumänisch-orthodoxer Vortrag zum „Tagebuch der Freude“, dem die Verfolgungsgeschichte des späteren Mönchs Nicolae Steinhardt zugrunde liegt, der als politischer Häftling in einem sowjetischen Straf- und Arbeitslager der Securitate in Rumänien über sich hinaus wuchs.

Die beiden Impulse lösten in der Gruppe einen Prozess aus, in dem nach und nach immer mehr Teilnehmende aus den beteiligten europäischen Ländern bekannten, wie sehr die Verwundungen aus dem zurückliegenden vergangenen Jahrhundert noch bis heute nachwirken. Es gab kaum Teilnehmende des Studienkurses, deren Familie nicht auf die eine oder andere Weise von Krieg, Flucht oder Verfolgung geprägt worden ist.

Dies wahrzunehmen, sich darüber auszutauschen und den Blick auf der Basis dieser Erfahrungen dann auch wieder in die Zukunft zu richten, und über den Zusammenhang von Glaube und Resilienz nachzudenken, war insbesondere im generationsübergreifenden Gespräch spannend.

Gut, dass der Studienkurs so vielfältig zusammengesetzt ist: Teilnehmende aus unterschiedlichen Altersgruppen, Ordinierte und nicht Ordinierte, hauptberuflich und ehrenamtlich für ihre Kirche Engagierte – von kirchenleitenden Amtsträger*innen bis zu jungen Studierenden – eine sehr gute und bereichernde Mischung, in der Hierarchien keine wichtige Rolle spielen und ein gleichberechtigtes Miteinander zum Selbstverständnis des Kurses gehört. Neben der Ernsthaftigkeit und dem wachsenden Vertrauen, das die Auseinandersetzung über die Rolle von Kirchen, Glaube und Religionen in unseren europäischen Gesellschaften prägte, waren die Erfahrungen von gemeinsamer Spiritualität und Gebet ebenso bedeutsam, wie der Spaß und die Gemeinschaft in der Kursgruppe – in dieser Mischung auch ein gelungener Ausdruck „Christlicher Freude“.

25.07.2023
ELKB/Napiletzki

Ansprechpartner für Ökumenische Studienarbeit

Volker Napiletzki

Volker Napiletzki

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