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Die Ökumenekonzeption beschäftigt sich mit den Grundsätzen der konfessionellen Ökumene.

Bild: ELKB

Konfessionen

Die Ökumenekonzeption

Lutherisch = ökumenisch. Das ist die These und eine Standortbeschreibung für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern.

Seit 2010 hat die Evangelisch-Lutherische Kirche eine Ökumenekonzeption, in der sie beschreibt, was sie unter Ökumene versteht, warum ökumenisches Reden und Handeln für sie unverzichtbar ist, und woran sie sich in Sachen Ökumene orientiert.

Beschlossen wurde die Ökumenekonzeption durch die Synode, erarbeitet wurde sie in einem langen partizipativen Prozess.

Lutherisch = ökumenisch?

Als evangelisch-lutherische Kirche sind wir Teil der „einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche“. Mit dieser Selbstbestimmung knüpft die ELKB an die altkirchliche und gesamtchristliche Tradition an. „Die Evangelisch-Lutherische Kirche ist von ihrem Wesen her ökumenisch, weil sie in eine doppelte Bewegung eingebunden ist: in die Bewegung auf Christus zu, den sie als Heil der Welt bekennt, und der der Grund der Einheit ist; und in die Bewegung in die Welt hinein, zu der Christus die Welt sendet. (Ökumenekonzeption S. 10)
Dieser Gedanke wird in der Ökumenekonzeption in vier Aspekten entfaltet. Evangelisch-Lutherische Kirche ist ökumenisch, …
… weil das lutherische Bekenntnis im Anschluss an die altkirchlichen Bekenntnisse auf die Einheit der Kirche angelegt ist.
… weil sie sich als Gemeinschaft der Heiligen versteht.
… weil sie in Zeit und Raum in Kontinuität zu ihrem Ursprung steht.
… weil sie den apostolischen Auftrag verwirklicht.

Und was heißt das praktisch? Die Zehn Qualitätskriterien für ökumenisches Reden und Handeln:

Die ökumenische Diskussion hat heute eine große, kaum zu überschauende Breite und Vielfalt erreicht. Es ist in der Praxis notwendig, in etwa den gegenwärtigen Diskussionsstand, die sensiblen Punkte und gegenwärtigen Chancen und Grenzen gemeinsamen Handelns zu kennen, um angemessen damit umzugehen. Für nähere Informationen und Beratung stehen z.B. Ökumenebeauftragte, das Ökumenereferat oder die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) zur Verfügung. Zahlreiche Dokumente und Anregungen sind inzwischen über das Internet zugänglich.

Bei öffentlichen Äußerungen sollte man auf Stetigkeit und Verlässlichkeit achten. Veränderungen in der Urteilsbildung müssen benannt und begründet werden. Im Vertrauen auf den miteinander erreichten Gesprächsstand kann man gelassen auf gelegentlich geäußerte Extrempositionen reagieren. Manchmal wird in internen Diskussionen pointierter formuliert als in der Öffentlichkeit. Der Unterschied zwischen Reden nach außen und Reden nach innen sollte allerdings möglichst klein sein. Die Testfrage lautet: Könnte ich dasselbe auch vertreten, wenn ein(e) Vertreter(in) der anderen Konfession mit am Tisch säße? Bei öffentlichen Stellungnahmen und Aktionen stärkt es das Vertrauen, wenn man schon im Vorfeld mit Vertretern und Vertreterinnen der anderen Konfession(en) Kontakt aufnimmt, das eigene Anliegen und mögliche Einwände bespricht. Um Konflikte und Missverständnisse zu bearbeiten, bringt das direkte Gespräch meistens mehr als der Umweg über Medien und Öffentlichkeit. Eine Moderation durch Dritte, etwa Fachleute des Ökumenereferats oder der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK), kann dazu beitragen, Verständigungsprobleme zu lösen. Manchmal kann allerdings ein Konflikt auch aufzeigen, dass gegenwärtig Grenzen für die Verständigung bestehen – sich dies zuzugestehen gehört mit zur ökumenischen Ehrlichkeit.
 

Jede Kirche schöpft aus einem breiten Strom biblischer Tradition und geschichtlicher Entwicklungen, die der Christenheit gemeinsam sind. Auch wenn es hier konfessionsspezifische Akzentsetzungen gibt, sollte nie der Eindruck aufkommen, als seien allein in der eigenen Kirche diese Traditionen verankert und angemessen verwirklicht. In ökumenischen Dialogen ist es vielfach gelungen, trotz Differenzen in Lehre und Praxis dahinter stehende gemeinsame christliche Grundüberzeugungen herauszuarbeiten und festzuhalten.

Was zunächst für die eigene Kirche erklärt oder zwischen zwei Partnern vereinbart wird, hat –manchmal unbeabsichtigte – ökumenische Rückwirkungen. Dies ist im Voraus zu bedenken. Sofern Selbstverpflichtungen formuliert werden, ist die Vereinbarkeit mit schon zuvor geschlossenen Vereinbarungen zu bedenken. Die in Bayern kleineren Kirchen sollten die nötige Aufmerksamkeit erhalten und möglichst von Anfang an an ökumenischen Prozessen beteiligt werden.

Das Miterleben geistlicher Formen aus einer anderen Tradition öffnet noch einmal andere Zugänge zu deren Selbstverständnis und Theologie. In der Vorbereitung und Gestaltung gemeinsamer Gottesdienste ergänzen sich traditionelle Elemente und erschließen sich vertieft in ihrer Bedeutung. Geistliche Einflüsse aus der weltweiten Christenheit sind bei uns zunehmend präsent, durch Menschen, die zugewandert sind, durch Austausch, Partnerschaften und Reisen, außerdem durch Gebete, Lieder, Liturgien und den Weltgebetstag. Wir können dies als Bereicherung dankbar annehmen. Wenn spirituelle Elemente in die eigene Praxis aufgenommen werden, sollte erkennbar bleiben, woher sie ursprünglich kommen (vgl. Charta Oecumenica II,5 ).

Kirchen verfolgen, besonders im sozialen, kulturellen und diakonischen Bereich, oft ähnliche Ziele. Gemeinsamer Grund ihres Handelns ist der biblische Auftrag und der Wille Jesu. Darum sollte immer geprüft werden, wo es die Möglichkeit oder sogar Notwendigkeit einer sachbezogenen Zusammenarbeit gibt; vielmehr noch: Zusammenarbeit und gegenseitige Abstimmung sollte für Kirchen und Gemeinden nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein. “Wir verpflichten uns, auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens gemeinsam zu handeln, wo die Voraussetzungen dafür gegeben sind und nicht Gründe des Glaubens oder größerer Zweckmäßigkeit dem entgegenstehen“ (vgl. Charta Oecumenica II,4 ).

Christinnen und Christen, Gemeinden ebenso wie den kirchlichen Wohlfahrtsorganisationen ist die Sorge um Menschen in Notlagen aufgegeben. Solche diakonisch-caritativen Aktivitäten begründen vielfach das Ansehen der Kirche. Es zählt dabei weniger die konfessionelle Zugehörigkeit als die erfahrbare fachliche Qualität und menschliche Zuwendung. Häufig werden Sozialstationen, Nachbarschaftshilfen, Tafeln oder Beratungsstellen schon von mehreren Konfessionen gemeinsam getragen. Enge organisatorische und inhaltliche Abstimmung empfiehlt sich besonders dann, wenn Angebote neu eingerichtet werden oder – oft aus finanziellen Gründen – eingeschränkt werden müssen. In Zeiten, in denen staatliche Sozialleistungen tendenziell verringert werden, sollten die Kirchen die soziale Lage aufmerksam beobachten (z.B. Armutsberichte) und, wo erforderlich, Einspruch erheben, eigene Möglichkeiten zur Hilfe ausschöpfen und ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen.

Bisher dauerte es oft lange, bis Anstöße und Ergebnisse aus der ökumenischen Arbeit im kirchlichen Bewusstsein wahrgenommen werden. Daher ist es notwendig, bald über praktische Konsequenzen nachzudenken und zur vertiefenden Weiterarbeit anzuregen. Dies betrifft u.a. die gemeindliche Praxis, Schule und Erwachsenenbildung, den kirchlichen Unterricht mit den zugehörigen Arbeitsmaterialien, die theologische Aus- und Fortbildung und die wissenschaftliche Forschung. Dazu werden die ELKB und ihre Arbeitsstellen Impulse und Unterstützung anbieten.

Angesichts der zahlreichen Gesprächsebenen und Dokumente ist immer wieder eine Sichtung und Auswertung der erzielten Ergebnisse notwendig. Dabei ist auch im Nachhinein zu überprüfen, in wieweit man den angestrebten Zielen näher kommen konnte. Fortschritte sollen öffentlich bekannt gemacht und in Veranstaltungen und Feierlichkeiten in Erinnerung gerufen werden (z.B. Jubiläen). Die Möglichkeiten, ein breites Interesse zu wecken, sind vielfältig. Persönliche Begegnungen, Berichte und Reisen gewähren Informationen und Erfahrungsaustausch aus erster Hand und führen oft zu bleibenden Kontakten. Daneben ist auf gute mediale Vermittlung, beispielsweise durch Presse, Gemeindebriefe, eigene Publikationen und Internet zu achten wie auf die Möglichkeiten, ökumenische Themen immer wieder in die kirchliche Praxis einfließen zu lassen.

Politische und gesellschaftliche Entwicklungen erfordern häufig Stellungnahmen der Kirchen. Diese sollten mit ökumenischen Partnern abgestimmt sein. Weltweite, die ganze Menschheit betreffende Herausforderungen müssen von den Kirchen diskutiert und Handlungsschritte eingeleitet werden. Dies sind beispielsweise Gerechtigkeit und globale Wirtschaft, Frieden und Dialog der Religionen, Geschlechtergerechtigkeit und Achtung der Menschenrechte, Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen und Fragen eines sozial und ökologisch vertretbaren Lebensstils. Die Einbeziehung von ökumenischen Partnern, Partnerinnen und Basisgruppen kann die Vielschichtigkeit der Probleme deutlich machen und helfen, unkonventionelle Ansätze für Veränderungen zu finden. Es ist eine anspruchsvolle und lohnende Arbeit, Schwerpunkte des Engagements herauszuarbeiten, dazu eine biblisch begründete Vision zu entwickeln und Handlungsempfehlungen zu formulieren, wie es etwa in Bezug auf Europa in der Charta Oecumenica geschehen ist. Die Aufgabenstellung und eventuelle Selbstverpflichtungen sollten so klar umrissen sein, dass sie Anreiz bieten, sie auf alle Ebenen kirchlichen Handelns zu übertragen und weiter zu entwickeln.

Cover des Buches Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern: Ökumenekonzeption

Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern

Ökumenekonzeption

Oberkirchenrat Michael Martin im Vorwort der Ökumenekonzeption: „Für unsere Kirche ist die Gemeinschaft der Konfessionen unverzichtbar. Darum betonen wir die Gemeinsamkeiten der Konfessionen, ohne die Unterschiede zu überspielen oder gar zu verwischen. Kernpunkte unseres Bemühens sind, das Verbindende des evangelisch-lutherischen Bekenntnisses herauszustellen und unsere lutherische Identität in die Weite der Ökumene einzuordnen.“

25.01.2024
ELKB

Ansprechpartnerin für Konfessionelle Ökumene

Dr. Maria Stettner

Dr. Maria Stettner

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