Wurzeln

Christlicher Glaube und Judentum – untrennbar miteinander verflochten

Bild: wildpixel @ iStock

Kein Christentum ohne Dialog mit dem Judentum

Das christlich-jüdische Verhältnis gehört ins Zentrum des christlichen Selbstverständnisses: Christlichen Glauben gibt es nur mit dem Judentum.

Der Gott, an den wir Christinnen und Christen glauben, ist derselbe Gott, an den Jüdinnen und Juden glauben. Ein großer Teil der christlichen Bibel hat sich zuerst an die Mitglieder des Gottesvolks Israel gerichtet und ist bis heute für Jüdinnen und Juden als Heilige Schrift maßgeblich. Derjenige, den wir als Retter oder Christus bekennen, der ist im Gottesvolk Israel auf die Welt gekommen – als Jude Jesus von Nazareth.

Unsere Geschichten sind untrennbar miteinander verflochten. Das haben wir mit keiner anderen Religion gemeinsam.

Weil Jesus von Nazaret dem jüdischen Volk zugehörte und in dessen religiösen Traditionen verwurzelt war, darum ‚sind Christen durch ihr Bekenntnis zu Jesus Christus in ein einzigartiges Verhältnis zu Juden und ihrem Glauben gebracht, das sich vom Verhältnis zu anderen Religionen unterscheidet.“

Aus der Erklärung der ELKB zum Verhältnis von Christen und Juden 1998

Deshalb ist der christlich-jüdische Dialog keine Frage der Mehrheitsverhältnisse in unserer Nachbarschaft: Jedes Mal, wenn wir uns zu Jesus als unserem Heiland bekennen, sind wir schon mitten drin im christlich-jüdischen Dialog.

Die amerikanische Bibelwissenschaftlerin Prof. Dr. Amy-Jill Levine stellt „Das Neue Testament – jüdisch erklärt“ im Haus eckstein in Nürnberg vor (englisch).

Jedes Mal, wenn wir beten, wenden wir uns an den Gott, der sein Volk Israel aus Ägypten befreit hat und ihm bis heute im jüdischen Volk die Treue hält. Jedes Mal, wenn wir uns am Maßstab der Nächstenliebe orientieren, berufen wir uns auf dasselbe Gebot, das auch für Jüdinnen und Juden zentral ist.

Darüber hinaus ist das christlich-jüdische Verhältnis sozusagen der Test für unsere gesamte Gesellschaft: Am Umgang von Christinnen und Christen mit jüdischen Menschen und deren Selbstverständnis zeigt sich, wie gut wir als als Gesellschaft insgesamt mit Unterschieden zurechtkommen. Wer infrage stellt, dass Jüdinnen und Juden zu unserer Gesellschaft dazugehören, greift das Grundrecht an, verschieden zu sein, und damit letztlich unsere Demokratie, die genau von dieser Vielfalt lebt.

Im Jahr 1998 haben die kirchenleitenden Organe der Evangelisch-Lutherischen Kirche ihr Verhältnis zum Judentum neu bestimmt. Die Kernbotschaft lautet:  „Die Frage nach dem Verhältnis von Christen und Juden führt in die Mitte des christlichen Glaubens: der Glaube an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, den wir Christen als den Vater Jesu Christi bekennen, verbindet Christen und Juden. Das Thema ist nicht nur von außen an die Kirche herangetragen, sondern stellt eine für Kirche und Theologie gleichermaßen zentrale Lebensfrage dar.“

Im Jahr 2012 hat die ELKB den Grundartikel ihrer Kirchenverfassung erweitert, in dem sie die theologischen Eckpfeiler für ihr Selbstverständnis und ihr Recht beschreibt. Darin heißt es seitdem: „Mit der ganzen Kirche Jesu Christi ist sie [die Ev.-Luth. Kirche in Bayern] aus dem biblischen Gottesvolk Israel hervorgegangen und bezeugt mit der Heiligen Schrift dessen bleibende Erwählung.“

Seit vielen Jahren bemüht sich innerhalb der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern der Verein „Begegnung von Christen und Juden“ um ein tieferes Verständnis des Judentums unter den Christen und des Christentums unter den Juden ein.

09.04.2021
Axel Töllner

Ansprechpartner für Christlich-jüdischen Dialog

Pfarrer Dr. Axel Töllner

Pfarrer Dr. Axel Töllner

Landeskirchlicher Beauftragter für christlich-jüdischen Dialog; Institut für christlich-jüdische Studien und Beziehungen an der Augustana-Hochschule Neuendettelsau
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91564 Neuendettelsau

Tel.: 09874 / 509-470
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