Plakat aus Pappe 'Refugees welcome' hinter einem Zaun

Pragmatische, nachhaltige, humanitäre Lösungen für eine am Menschen orientierte Migrationspolitik im 21. Jahrhundert, dafür setzt sich die bayerische Landeskirche ein.

Bild: pixabay/kalhh

Migration und Asyl

Flüchtlingsschutz dauerhaft sichern

Auf europäischer Ebene stehen Verhandlungen über eine umfassende Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems an. Die Landeskirche hat mit dem Diakonischen Werk Bayern einen Think Tank initiiert, um die weiteren Entwicklungen kritisch zu beobachten.

Die Innenminister*innen der EU-Staaten haben sich Anfang Juni ungeachtet der zivilgesellschaftlichen Kritik gegen die bereits im Vorfeld bekannt gewordenen Pläne auf eine umfassende Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems (GEAS) geeinigt, die die Rechte von Geflüchteten massiv einschränken will.

Worum geht es?

Im Kern geht es darum, dass zukünftig alle Asylverfahren an den europäischen Außengrenzen stattfinden sollen. Dies soll durch Grenzverfahren sichergestellt werden, in denen alle Geflüchteten registriert werden. Zudem ist eine Verlängerung der Überstellungsfristen von derzeit sechs auf zwölf Monate vorgesehen.

Was sind die Kritikpunkte?

Nach den Vorschlägen der EU-Innenminister*innen werden Grenzverfahren von Ländern an den europäischen Außengrenzen durchgeführt und finden unter haftähnlichen Bedingungen statt. Die Geflüchteten dürfen während ihres Asylverfahrens diese Einrichtungen nicht verlassen.

Die Möglichkeiten Rechtsmittel einzulegen, werden massiv eingeschränkt.

Die durchführenden Staaten können alle Geflüchteten – auch Asylbewerber*innen mit hoher Schutzquote, wie z.B. Syrer und Afghanen – verpflichtend in das Grenzverfahren nehmen. Folglich gelten diese Verfahren entgegen der öffentlichen, politischen Wahrnehmung nicht nur für Menschen mit geringer Bleibeperspektive.
 Zudem ist vorgesehen, dass mehrere Staaten, darunter Tunesien oder Ägypten, zu sogenannten „sicheren Drittstaaten“ deklariert werden. Diese Einstufung hat zur Folge, dass Geflüchtete z. B. aus Afghanistan, dorthin zurückgeschickt werden, wenn sie sich dort länger aufgehalten haben.

Die Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention oder der Europäischen Menschenrechtskonvention spielen für die Einstufung als sicherer Drittstaat keine Rolle mehr.

Ein fester Verteilmechanismus für anerkannte Geflüchtete ist nicht vorgesehen. Wenn die Aufnahme verweigert wird, müssen Ausgleichszahlungen geleistet werden.  Zudem sollen die längst gescheiterten Dublin-Regeln konsequenter durchgesetzt werden. Der Zeitraum in dem in das Ersteinreiseland abgeschoben werden kann, soll von sechs auf zwölf Monate verlängert werden. Abschiebungen sollen bis zu drei Monate nach dem Ende eines „selbstverschuldeten Abschiebehindernisses“ (z.B. Kirchenasyl) noch möglich sein.

Die neuen Regelungen führen weder zu einer Verbesserung der Bedingungen für Geflüchtete noch zu einer Entlastung der europäischen Länder an den Außengrenzen oder gar zu einer sinnvoll gesteuerten Migration. Stattdessen verursachen sie mehr Leid, weitere Sekundärmigration und die faktische Abschaffung der Genfer Flüchtlingskonvention. Mit der Verschärfung des Dublin-Systems wird zivilgesellschaftliches Engagement, in dem z.B. durch die Gewährung von Kirchenasyl um erneute Prüfung von besonderen Härtefällen gebeten wird, unmöglich gemacht.

Wie geht es weiter?

Die Vorschläge der Innenminister*innen sind Grundlage für Verhandlungen zwischen dem Europäischen Rat, dem EU-Parlament und der EU-Kommission. Bereits jetzt ist zu beobachten, dass sich massiver Widerstand und Kritik zur geplanten Reform aus Politik und Zivilgesellschaft formiert. Es erscheint als unwahrscheinlich, dass das gesamte Paket bis zum Frühjahr 2024 verabschiedet werden kann, da teils unvereinbare Positionen vorliegen.

Ziel ist, dass von allen zivilgesellschaftlichen Organisationen pragmatische, nachhaltige, humanitäre Lösungen für eine am Menschen orientierte Migrationspolitik im 21. Jahrhundert öffentlichkeitswirksam artikuliert und politische Entscheidungsprozesse kritisch begleitet werden, um so den Flüchtlingsschutz dauerhaft zu sichern. Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern hat gemeinsam mit dem Diakonischen Werk Bayern einen Think Tank aus Vertreter*innen beider Einrichtungen, sowie Jurist*innen und anderen Fachleuten initiiert, um die weiteren Entwicklungen kritisch zu beobachten und Möglichkeiten einer gemeinsamen Positionierung auszuloten.

25.07.2023
ELKB/Geitner, Dunckern

Ansprechpartnerin für Migration, Flucht, Härtefallkommission

Claudia Dunckern

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Abteilung C - Ökumene, Kirchliches Leben
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