Am Tor der Versöhnungskirche in Dachau.
Bild: Mensing
Gedenkstättenarbeit
Orte der Auseinandersetzung
An zahlreichen Orten und mit vielen Projekten stellt sich die Evangelische Kirche der Geschichte des Nationalsozialismus und ihrer eigenen Rolle darin. In Bayern geschieht dies unter anderem in der Arbeit an den KZ-Gedenkstätten in Dachau und Flossenbürg.
In der Präambel der Ordnung der Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau heißt es: „Das Erbe von Täterschaft, Anpassung und Widerstand im Nationalsozialismus und die Erinnerung daran geben der Versöhnungskirche einen unverwechselbaren Charakter. Als ein Ort der Auseinandersetzung mit der Geschichte des deutschen Protestantismus im Nationalsozialismus dient sie in ökumenischer Zusammenarbeit der Besinnung auf die Verantwortung der Christen für eine menschenwürdig gestaltete Zukunft.“
Hier wird deutlich: Bei Erinnerung geht es nicht nur um Vergangenheit. Aus christlichem Selbstverständnis heraus geht es um die Fragen: Wer wollen wir angesichts der Beziehung zu unserer Geschichte sein? Wie nehmen wir Verantwortung in der Gegenwart wahr? Wie gestalten wir Zukunft?
Angesichts des Diktums des jüdischen Mystikers Baal Shem Tov aus dem 18. Jahrhundert kann man vielleicht sagen: wer (sich) nicht erinnern will, ist im Exil, nicht bei sich selbst.
Dachau
Die evangelische Versöhnungskirche in der in der KZ-Gedenkstätte Dachau ist eine der beiden Kirchen der EKD (neben Dachau die Schlosskirche Wittenberg). Die Zuständigkeit für das Personal liegt im Landeskirchenamt der Evang.-Luth. Kirche in Bayern im Referat K 5.2 (Ökumene und Weltverantwortung). Die Arbeit wird durch ein Kuratorium unter Leitung des Münchner Stadtdekans begleitet.
Flossenbürg
In der Bildungsabteilung der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg wurde in Kooperation mit der Evang.-Luth. Kirche in Bayern im Jahr 2021 eine pädagogische Stelle geschaffen, die schwerpunktmäßig mit kirchlichen Zielgruppen arbeitet.
"grenzenlos hoffen"
Veranstaltungswoche der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern zum 80. Todestag von Dietrich Bonhoeffer in Flossenbürg. „So gewiss der Mensch glaubt, so gewiss hofft er. Und es ist keine Schande zu hoffen, grenzenlos zu hoffen“. So Bonhoeffer im Angesicht des Nazi-Regimes, unter dem sich kaum jemand Hoffnung auf bessere Zeiten machen konnte.
Bonhoeffer polarisiert – als Zeuge des Glaubens, als Anwalt der Verfolgten. Sei es in Zeiten des Nazi-Regimes, als er es als Aufgabe der Kirche erwägt, die Opfer unter dem Rad der Gesellschaftsordnung nicht nur zu verbinden, „sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen“ oder aktuell mit dem US-Filmdrama „Bonhoeffer: Pastor. Spy. Assassin“ (ab 6. März 2025 in den Kinos in Deutschland). Geht es in einem Fall darum, in Gottes Namen Partei für die Verfolgten zu ergreifen, so geht es in der Debatte um den Bonhoeffer-Film um Bonhoeffers Rolle in aktuellen politischen Debatten.
Kurz war das Leben des 1906 in Breslau geborenen Theologen Dietrich Bonhoeffer, der am 9. April 1945 neben anderen im Widerstand gegen das Naziregime Aktiven hingerichtet wurde. Leben und Werk sind wohl bei kaum einem anderen Theologen so eng verbunden und faszinierend wie bei Bonhoeffer – nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil viele seiner tiefen und zukunftsweisenden theologischen Entwürfe unvollendet geblieben sind, was den Raum für Projektionen aus verschiedenen Richtungen öffnet. Schnell wird Bonhoeffer zum Kampfgehilfen für die je eigenen Ziele gemacht, denn, so scheint es: wo Bonhoeffer draufsteht, wird für das Gute gekämpft.
Allzu offensichtlich aber sind die Instrumentalisierungsversuche Bonhoeffers, gegen die sich nicht zuletzt auch seine Familie, die Nachkommen seiner sieben Geschwister wehren. Auf jeden Fall lädt Bonhoeffer zur Identifikation ein. Die Zeilen aus „Widerstand und Ergebung“ könnten auch heute geschrieben sein:„Wir sind stumme Zeugen böser Taten gewesen, wir sind mit vielen Wassern gewaschen, wir haben die Kunst der Verstellung und der mehrdeutigen Rolle gelernt, wir sind durch die Erfahrung misstrauisch gegen die Menschen geworden und mussten ihnen die Wahrheit und das freie Wort oft schuldig bleiben, wir sind durch unerträglich Konflikte mürbe oder vielleicht sogar zynisch geworden – sind wir noch brauchbar?“
Was Bonhoeffer trotzdem in alle dem bis zuletzt gehalten hat, war seine Glaubenshoffnung, die auch das Motto der Gedenkwoche zu seinem 80. Todestag in Flossenbürg sein wird. Dass diese Glaubenshoffnung aktiv ist, wird in seinem bekannten Ausspruch deutlich: „Unser Christsein wird heute nur in zweierlei Bestehen: im Beten und im Tun des Gerechten unter den Menschen.“
Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern lädt ein, nach Flossenbürg zu kommen, um aus verschiedenen Perspektiven mit Blick auf Bonhoeffer nach unserem Glauben und Handeln heute zu fragen.
Überblick über die Veranstaltungswoche: www.grenzenlos-hoffen.de